Anpassungsstörungen

Anpassungsstörung

Besonders einschneidende Ereignisse oder Veränderungen können unser Leben völlig aus dem Gleichgewicht bringen. Beim Tod eines nahen Angehörigen, Trennung, chronischer Krankheit, Arbeitsplatzverlust, Naturkatastrophen oder ähnlichen Schicksalsschlägen spüren wir starke Gefühle wie Trauer, Wut und Verzweiflung. Wir haben vielleicht zunächst das Gefühl, mit der neuen Situation nicht umgehen zu können. In der Regel gelingt es uns aber nach einer gewissen Zeit uns an die neuen Umstände anzupassen.

Doch gibt es auch Situationen, in denen uns diese Anpassung nicht gelingt und wir auf die eine oder andere Weise an den neuen Umständen verzweifeln. Wir sind in unserer Entwicklung als Mensch blockiert – nicht frei genug um uns so zu verändern, dass wir neue Wege beschreiten können. In diesen Fällen sprechen wir von einer Anpassungsstörung.

Wie kann eine Anpassungsstörung entstehen?
Hierfür kann es viele Ursachen geben. Vielleicht haben wir aufgrund jahrelanger Umstände bestimmte Abwehrmechanismen entwickelt ohne die wir nicht zurechtkommen. Oder es haben sich bestimmte Persönlichkeitsmerkmale verfestigt, die uns nun im Weg stehen. Vielleicht haben wir uns auch sehr auf andere Menschen verlassen und in bestimmten Bereichen nicht gelernt Verantwortung für uns selbst zu übernehmen. Oder wir verlieren sogar die Orientierung und wissen gar nicht mehr genau, was wir eigentlich selber wollen oder wer wir eigentlich sind.

Beispiel: der Trauerprozess
Versuchen wir das Prinzip anhand eines Trauerprozesses zu beschreiben, wie er typischerweise durchlaufen wird. Auch wenn es natürlich bei jedem Menschen in Intensität und Umfang etwas anders verläuft, sind doch die folgenden Schritte häufig wichtig um mit einem Trauer-Ereignis komplett abschließen zu können:
1.)    Schock und Verleugnung
In dieser ersten Phase können wir Schwierigkeiten haben, die Realität des Verlusts zu akzeptieren. Es kann ein Gefühl der Betäubung, des Unglaubens und der Abwehr entstehen, um den Schmerz vorübergehend zu bewältigen.
2.)    Emotionale Aufruhr
Diese Phase ist oft von starken emotionalen Reaktionen wie Traurigkeit, Wut, Schuldgefühlen oder Angst geprägt. Wir können uns überwältigt fühlen und starke Stimmungsschwankungen erleben. Oft kommt die Frage nach dem „Warum?“ auf.
3.)    Depression und Rückzug
Dieser Phase beinhaltet tiefe Traurigkeit und eine Art Resignation. Es können Gefühle der Einsamkeit, der Hoffnungslosigkeit und der Entfremdung auftreten. Wir ziehen uns möglicherweise von sozialen Aktivitäten zurück und zeigen einen reduzierten Antrieb. Vielleicht beschäftigen wir uns intensiv mit den Erinnerungen an die verlorene Person.
4.)    Akzeptanz und Neuorientierung
In dieser letzten Phase beginnen wir allmählich, den Verlust zu akzeptieren und uns anzupassen. Es entsteht wieder eine Art innere Ruhe. Wir beginnen, unser Leben neu zu gestalten und neue Routinen zu finden, die auch langfristig nach dem Verlust funktionieren.

Nun kann es in jeder dieser Phase dazu kommen, dass wir sie nicht abschließen können oder vorzeitig aus dem gesamten Trauerprozess aussteigen.

Manchen Menschen gelingt es beispielsweise nicht, in der Phase der emotionalen Aufruhr ihre eigenen Gefühle zuzulassen und sie zu durchleben. Vielleicht machen diese unbekannten Gefühle so viel Angst, dass sie eher verdrängt werden um sich später auf anderem – völlig unerwarteten Weg – wieder bemerkbar zu machen. Verständlich, wenn z.B. im vorherigen Leben durch Erfahrung gelernt wurde, dass intensive Emotionen ein „Problem“ sein könnten.
Andere Menschen bleiben in der Phase des Rückzugs stecken und entwickeln ausgeprägtere depressive Tendenzen. Ihnen fehlt vielleicht aus der eigenen Erfahrung heraus einfach das Selbstvertrauen, dieses Leben in Zukunft auch alleine meistern zu können.
Wieder anderen fällt besonders die Neuorientierung schwer. Sie wollen zwar ein neues Leben beginnen, aber haben das Gefühl, dass es einfach nicht für sie passt. Die eigene Persönlichkeit ist vielleicht in einigen Bereichen so speziell oder ihre persönliche Freiheit eingeschränkt, dass sie ihre Lebensweise nicht völlig verändern können.


Wie kann eine Anpassungsstörung überwunden werden?

Wenn uns diese Anpassung schwerfällt, ist häufig unsere natürliche Selbstentfaltung aus irgendeinem – meist aus der individuellen Historie heraus völlig nachvollziehbaren – Grund blockiert. Eine humanistische Therapie oder psychologische Begleitung kann dabei helfen, sich diese Blockaden bewusst zu machen und sie zu durchbrechen.

Im geschützten Rahmen der therapeutischen Beziehung haben wir die Chance unsere Emotionen und Gefühle zuzulassen und zu durchleben – immer in der Sicherheit, dass jemand da ist, der uns auffangen kann.
Ohne Druck darf sein was ohnehin gerade so ist. Wir können neue Aspekte an uns entdecken und behutsam ausprobieren. Wir entwickeln eine tiefere Selbstakzeptanz und ein besseres Verständnis für die eigenen Bedürfnisse, Werte und Ziele. Bestimmte Persönlichkeitsanteile, die bisher verdrängt waren, aber nun für die Anpassung notwendig sind, können in das Selbst integriert werden. So aktivieren wir unsere eigenen Ressourcen und finden im eigenen Tempo unseren ganz individuellen Weg heraus aus der Blockade, hin zu einer freien Anpassung – ganz so wie es für uns selbst stimmig ist.

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